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29. Apr, 2023 10:31 CEST by Florian Reck

4:1-Balun selbst hergestellt

Bei Pollin gibt es hin- und wieder sehr günstige Ringkerne, darunter waren unter anderem blaue, in Epoxydharz gegossene Pulvereisenkerne von HI-FLUX. Pollin hatte leider kein Datenblatt hierzu, weshalb ich auf Gut Glück eine ganze Menge dieser Ringkerne für Spielereien gekauft habe. Mit Hilfe des Aufdrucks konnte vom Hersteller ein umfangreiches Datenblatt heruntergeladen werden, aus welchen folgende Werte stammen:

Eigenschaften HI-FLUX HF-080160-2
Permabilität 160µ
AL-Wert 87 mH/1000 Windungen
Durchmesser a 20.32mm / 21.08mm beschichtet
Durchmesser i 12.70mm / 12.07mm beschichtet
Höhe 6.35mm / 7.11mm beschichtet

Unterbringung des Baluns in einer Kaugummidose
Unterbringung des Baluns in einer KaugummidoseUnterbringung des Baluns in einer Kaugummidose
Messobjekt mit Widerstand
Messobjekt mit WiderstandMessobjekt mit Widerstand

Es stellt sich die Frage, ob es möglich ist, aus diesen günstigen Ringkernen einen 4:1-Balun für die Kurzwelle herzustellen. Für einen ordentlichen Übertrager sollte der Scheinwiderstand im unbelasteten Fall gegen Unendlich gehen. Praktischerweise wird angenommen, dass das 10fache der Impedanz ausreicht. Wieviele Windungen sind nun notwendig, um einen 4:1-Balun für z.B. eine Stromsummenantenne für maximal 50 Watt und einem Frequenzbereich von 3.5 bis 30 MHz aufzubauen?

\[ X_{L} = 2 \cdot \pi \cdot f \cdot L \to L = \frac{X_{L}}{2\pi \cdot f} \] \[ X_{L, benötigt} = \frac{ 50\Omega \cdot 10 }{ 2\pi \cdot 3.5 \cdot 10^{6} Hz } = 2.3 \cdot 10^{-5}H = 23µH \] \[ L = A_{L} \cdot N^{2} \to \sqrt{\frac{L}{A_{L}}} = N \] \[ N_{benötigt} = \sqrt{\frac{ 23µH }{ 0.087µH }} = 16.2 Windungen \]

Es werden also 16-17 Windungen benötigt. Dabei muss beachtet werden, dass der Ringkern nicht in die Sättigung getrieben wird und dabei die Signale verzerrt oder im ungünstigsten Fall der Ringkern zerstört wird. Bei den HI-FLUX HF-0080160-2 handelt es sich um einen Pulvereisen-Kern. Dem Datenblatt ist leider nicht zu entnehmen wie hoch die maximale magnetische Flussdichte sein darf, es wird deshalb für Bmax ein sehr konservativer Wert von 5mT angenommen.

Wieviele Windungen werden für eine sichere Übertragung von 50 Watt mindestens benötigt? Der Füllfaktor wird auf 1 gesetzt, da das Datenblatt Informationen über den unbeschichteten Kern enthält. Zur Ermittlung der notwendigen Wicklungen wird die Transformatorenhauptgleichung herangezogen:

\[ U_{eff} = \sqrt{2} \cdot \pi \cdot B_{max} \cdot A \cdot f \cdot N \] \[ N = \frac{U_{eff}}{\sqrt{2} \cdot \pi \cdot B_{max} \cdot A \cdot f}\] \[ A = \frac{d_{außen} - d_{innen}}{2} \cdot h \cdot n_{Füllfaktor} = \frac{20.32mm - 12.70mm}{2} \cdot 6.35mm = 24.19mm² \] \[ U_{primär} = \sqrt{ R_{Impedanz} \cdot P_{max} } = \sqrt{ 50\Omega \cdot 50W} = 50V \] \[ U_{sekundär} = U_{primär} \cdot ܲ = 50V \cdot 16 = 800V \] \[ N_{mindest} = \frac{800V}{4.44 \cdot 5 \cdot 10^{-3}T \cdot 24.2 \cdot 10^{-4}m² \cdot 3.5 \cdot 10^{6}Hz} = 4.3 \to 5 Windungen \]

Bei einem 4:1-Balun handelt es sich um einen relativ einfach aufgebauten Spartransformator: das Verhältnis der Eingangswindungen zu den Ausgangswindungen beträgt fix 1:2. Es sind also auf der Ausgangsseite 32 "wirksame" Windungen, lediglich 5 Windungen wären notwendig gewesen. Der Kern sollte also auf der niedrigsten Frequenz (3.5 MHz) bei der maximal angenommenen Leistung von 50 Watt nicht in die Sättigung gehen.

Schaltbild 4:1-Balun

Der Aufbau des 4:1-Baluns ist relativ einfach: zunächst wird ein Stück Draht abgemessener Länge in der Hälfte zusammengelegt und leicht verdrillt (mit dem Verdrillen verbessert sich der Koppelfaktor). Anschliessend wird die Anzahl der berechneten Windungen mit den geschlossenen Ende auf den Ringkern aufgelegt, das offene und das geschlossene Ende sollen sich wieder treffen. Dann wird das geschlossene Ende mit dem Seitenschneider geöffnet und die Enden aller Drähte etwas abisoliert. Mit dem Durchgangstester/Multimeter wird geprüft, welche Enden zueinandergehören. Es werden zwei Enden, welche NICHT zusammengehören und von denen eines aus dem geschlossenen Ende stammt, miteinander verdrillt und verlötet. Es entsteht ein Balun wie im Schaltbild gezeigt. Die Länge des Drahtes kann wie folgt abgeschätzt werden:

\[ l = (2 \cdot N \cdot (h + d_{außen} - d_{innen}) + (d_{außen} \cdot \pi ) + Zugabe) \cdot 2 \]

Messung - 5 Windungen auf HI-FLUX-Eisenpulverkern
Messung - 5 Windungen auf HI-FLUX-EisenpulverkernMessung - 5 Windungen auf HI-FLUX-Eisenpulverkern
Messung - 15 Windungen auf HI-FLUX-Eisenpulverkern
Messung - 15 Windungen auf HI-FLUX-EisenpulverkernMessung - 15 Windungen auf HI-FLUX-Eisenpulverkern Die Berechnung setzt sich aus der benötigten Drahtlänge pro Windung multipliziert mit der Anzahl der Windungen zuzüglich des Umfangs des Kerns und einer Zugabe zusammen. Da der Draht eingeschlagen wird, muss die Länge noch verdoppelt werden (Faktor 2 am Ende). Für 16 Windungen werden etwa 1.1m Kupferlackdraht benötigt.

Der Ringkern wurde mit 15 Windungen belegt, da noch ein Drahtstück übrig war, was etwas kürzer als die berechnete Länge war. Mit einem Vector Network Analyzer (NanoVNA-F) wurde der SWR-Verlauf des Ringkerns gemessen. Abgeschlossen wurde dieser mit einem 220-Ohm-Metallfilmwiderstand (1% Toleranz). Bei 3.6MHz lag das VSWR etwa bei 1.28, was durchaus in Ordung ist. Auf dem Foto ist auch zu erkennen, dass bei ansteigender Frequenz das SWR leicht ansteigt, aber immernoch unter 1.1 bleibt.

Testhalber wurde noch ein weiterer Ringkern mit nur 5 Windungen belegt. Das Resultat kann im zweiten Bild zur Messung angesehen werden: erst um die 6 MHz lag das VSWR bei 3, niedrigere Frequenzen werden nur noch sehr schlecht übertragen, bei höheren Frequenzen wird die Übertragung besser. Bei niedrigen Leistungen ist der "Billig"-Ringkern also durchaus zu gebrauchen.

Allerdings gibt es noch einen Faktor, welcher noch nicht betrachtet wurde: die Verluste durch die Ummagnetisierung im Kern selbst. Es gibt zwar Angaben im Katalog einiger Vertreiber (z.B. powermagnetics.co.uk), aber dort hören die Diagramme in der Regel bei 500 kHz oder weniger auf, da die breitbandige Leistungsübertragung nicht die übliche Verwendung für diese Kerne darstellt. Es kann trotzdem zusammengefasst werden: je höher die Frequenz und je höher die magnetische Flussdichte, desto höher ist der Kernverlust. Wie sich der Kern in der gewünschten Anwendung als 4:1-Balun bis 50 Watt bei 30 MHz verhält, kann ohne weiteres nur mit einem Versuch ermittelt werden.

Leistungstest mit Wärmebildkamera
Leistungstest mit WärmebildkameraLeistungstest mit Wärmebildkamera
Test am Funkgerät
Test am FunkgerätTest am Funkgerät Als Generator für den Test wurde mein ICOM IC-7200 verwendet. Ein Dummyload mit 200-Ohm stand nicht zur Verfügung, also wurden jeweils 4 Bündel zu 10 470-Ohm-Widerständen (0.5 Watt) zusammengelötet. Der Gesamtwiderstand beträgt 188 Ohm, die maximale Dauerleistung liegt bei etwa 20 Watt, kurzfristig kann aber auch mehr Leistung verwendet werden. Mit einer Wäremebildkamera wurde der Aufbau überwacht. Als Modulationsart wurde "RTTY" am IC-7200 ausgewählt und zunächst mit kleinen Leistungen getestet. Das am Gerät angezeigte VSWR lag bei 1 auf allen Bändern. Anschliessend wurde noch ein Stresstest auf 29.5 MHz mit anfangs 50 Watt durchgeführt bis die Widerstände eine Temperatur von teilweise 100 Grad erreicht haben. Danach wurde die PTT-Taste wieder geöffnet, dass die Widerstände sich abkühlen konnten und der Test einige male wiederholt. Der Balun ist dabei relativ kühl geblieben (1-2 Grad über Umgebungstemperatur), die tatsächlichen Verluste sind also gering genung, um den Ringkern für diese Art von Baluns zu verwenden.